Ein Anwalt findet nur Zeit für seinen Job, nicht aber für seine Familie; ein entfremdetes Paar benutzt das Internet, um der leblosen Ehe zu entfliehen; ein Experte für Netzkriminalität ist mit seinem Sohn, der über Facebook seine Mitschüler mobbt, überfordert; eine ehrgeizige Journalistin findet einen Teenager, der sich auf Sex-Seiten präsentiert.
“DISCONNECT ist natürlich nicht das erste Drama, dessen Figuren den Wirkungskreis ihrer Taten und Unterlassungen nicht aus Informationsmangel, sondern aus Informationstaumel nicht mehr überschauen können. Rubins Film zeigt uns auch nicht als erster, wie sich die Rahmen der Sofortkommunikation in Bildausschnitte schieben, an denen wir unseren Platz im Sozialen heute im Sekundentakt messen. Das ästhetisch Wichtigste an DISCONNECT ist, wie hier alle diese bereits erprobten und auch im Kino schon hier und da adaptierten Erkenntnis- und Ergriffenheitsmomente eines filmischen Umgangs mit vernetzten Blitznachrichten über alles und jedes zurückgeholt werden ins beschädigte, angefressene, von Auflösung bedrohte Private: Wenn der Vater die Spuren seines verlorenen Kindes in Datenarchiven sucht oder der Bestohlene die Spur seiner Arbeit, wollen beide nicht irgendeinen coolen Anschluss an den allerneuesten Fortschritt, sondern ein Gegenüber finden, dem sie nicht egal sind. Die ebenso schwerelose wie herzzerreißende Intensität der Texte, die Rubin aus seinen Menschen holt oder ihnen auf die Seelen schreibt, sagt etwas übers Kino, das es verdient hat, einmal so gut gesagt zu werden: Diese Kunstform kann gerade jetzt, in einer Zeit, die vom Ende des Spielfilms im dunklen Saal redet, als wäre dieses Ende schon beschlossene Sache, für die dringendste Not eine Sprache finden, die so liebevoll, traurig und tröstlich ist wie ein Flüstern, das eine schlimme Angst in einem bösen Traum erreicht, den sie zu Unrecht für die Wirklichkeit hält.” (Frankfurter Allgemeine Zeitung)